

Alles neu dank Corona?
Mit Beginn der Corona-Krise haben mehr und mehr Menschen ihren Arbeitsplatz in die eigenen vier Wände verlegt. Laut einer Studie hat jede*r vierte Arbeitnehmer*in zumindest zeitweise im Homeoffice gearbeitet. Selbst Unternehmen, die bisher Homeoffice ablehnten, entwickelten Lösungen für die Remote-Arbeit, also das Arbeiten fernab der Unternehmensniederlassung. Auch das Sommersemester 2020 findet fast ausschließlich remote statt und bereitet Studierende damit auf das selbstorganisierte Arbeiten vor. Ist das der Startschuss für eine ganz neue Arbeitswelt? Prof. Dr. Simon Werther sieht die Corona-Zeit zumindest als “große experimentelle Feldphase, die wir so wahrscheinlich nie wieder erleben werden.”
Was ist New Work?
Ein Buzzword, auf das man immer wieder stößt, wenn man sich mit der Zukunft der Arbeitswelt beschäftigt, ist das sogenannte New Work-Konzept. Allerdings ist dieses Konzept nicht neu, sondern wurde bereits Ende der 1970er Jahre von dem Philosophen Frithjof Bergman geprägt. Damals drohte vielen Menschen der Verlust ihres Arbeitsplatzes durch die Automatisierung der Automobilindustrie. Bergmann stellte die klassische Lohnarbeit in Frage und plädierte für eine Arbeitswelt, in der nicht der Mensch der Arbeit dient, sondern die Arbeit dem Menschen.
Heute schreitet die Digitalisierung immer schneller voran. Aber auch die Erwartungshaltung von jungen Menschen nach beruflicher Erfüllung, die sich nicht nur in Gehalt und Prestige messen lässt, wird immer größer. Deshalb sind Unternehmen gezwungen, ihre gewohnten Arbeitsmodelle zu überdenken.
Hier kommt New Work ins Spiel. Hinter dem Konzept versteckt sich jedoch keine Schritt-für-Schritt-Anleitung, wie man ein Unternehmen fit für die Zukunft macht. Vielmehr sammeln sich unter dem Begriff verschiedene Bausteine, die Unternehmen individuell für sich anpassen und zusammenstellen können. Alle haben jedoch gemeinsam, dass der Mensch nicht als Mittel zum Zweck in der Arbeitswelt existiert. Im Gegenteil, im Mittelpunkt steht die Selbstverwirklichung des Individuums.
Auch wenn corona-bedingt der Fokus aktuell stark auf der Flexibilität der Arbeitsorte liegt, gibt es noch weitere ganz unterschiedliche New Work-Ansätze:
New Work ist kein Konzept, welches zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeführt werden kann, es ist vielmehr ein Prozess, der sich im Laufe der Zeit immer wieder weiterentwickeln muss. Ein wichtiger Punkt dabei ist das stetige Hinterfragen von Arbeitsprozessen.
Was ist New Work nicht?
Kickertische, Obstkörbe, stylische Sitzsäcke und Yogakurse können zu einem besseren Betriebsklima beitragen und ein Teil einer New Work-Strategie sein. Alleine diese Maßnahmen bilden aber noch keine New Work-Strategie.
New Work an der Fakultät III?
Da die Digitalisierung ein Schwerpunkt der Fakultät Information und Kommunikation ist, ist New Work natürlich auch hier ein Thema und nicht erst durch die neuen Herausforderungen, vor denen alle durch das corona-bedingte Online-Semester stehen.
Bereits seit einigen Jahren untersucht Prof. Dr. Simon Werther zusammen mit Studierenden das Thema. Im letzten Semester leitete er das Projekt „New Work und Arbeit 4.0“. Dabei haben die Studierenden unter anderem herausgefunden, dass auch jüngere Menschen nicht nur flexibel von zu Hause aus und komplett ohne festgelegten Zeitrahmen arbeiten möchten. “Vielmehr gibt es in allen Generationen Menschen, die mehr und jene, die weniger Struktur brauchen und möchten. Deshalb sind hybride Arbeitsmodelle für die Zukunft sehr wichtig”, betont auch Prof. Dr. Werther. Gleichzeitig ist jedoch zu beobachten, dass der Wunsch nach Flexibilität innerhalb der Arbeitstätigkeiten immer größer wird. Job-Sharing Modelle, bei denen sich mehrere Arbeitnehmer*innen eine Arbeitsstelle teilen, sorgen für mehr Abwechslung und werden immer beliebter.
Aus dem Online-Semester lernen – aber wie?
Prof. Dr. Simon Werther empfiehlt Studierenden das Online-Semester bestmöglich zu nutzen. “Das Online-Semester als Chance oder Herausforderung zu sehen ist wichtig, denn wenn man mit einer positiven Grundeinstellung ran geht, dann fällt es leichter, auch die positiven Aspekte mitzunehmen”, sagt er.
Studierende können sich in flexiblem Zeitmanagement und Selbstorganisation üben. Egal, ob durch das Ausprobieren neuer virtueller Tools oder durch analoge Hilfsmittel.
Vor allem ist es laut Werther jedoch wichtig, das Online-Semester im Nachhinein noch einmal Revue passieren zu lassen und zu reflektieren, wie man später arbeiten möchte. Ob einem Struktur oder Flexibilität wichtiger ist, die Ruhe des alleine Arbeitens im Homeoffice oder der Austausch mit Kolleg*innen. Mit diesen Erkenntnisse wird die Suche nach einer passenden Arbeitsstelle nach dem Studium erleichtert.
Und in 10 Jahren?
Lust auf mehr?
Eine spannende Lektüre für alle, die sich noch mehr damit auseinander setzen möchten, wie die neue Arbeitswelt funktionieren könnte, ist das Wirtschaftsmagazin “Neue Narrative” oder die Haufe Akademie, die viele weiterführende Informationen bereitstellen.